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... ... @@ -1,3 +1,49 @@ 1 1 Das Arbeiten bei geöffneten Schutzeinrichtungen ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen stellt ein **nicht **tolerierbares Risiko dar. Für Tätigkeiten, bei denen sich nicht vermeiden lässt, mit geöffneten Schutzeinrichtungen zu arbeiten, muss ein Paket an Maßnahmen getroffen werden, um das Verletzungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Das Unfallgeschehen zeigt auch, dass für diese Tätigkeiten Schutzeinrichtungen manipuliert werden. In der Folge kommt es zu Unfällen mit teilweise schweren Verletzungen. Ziel des Schutzkonzeptes ist es daher, diese Arbeiten ohne Manipulation der Schutzeinrichtungen ausführen zu können. Diese Fachbereich AKTUELL beschreibt eine Betriebsart „Tippbetrieb bei geöffneten 2 2 Schutzeinrichtungen“, die eine angemessene Risikoreduktion für Tätigkeiten sicherstellt, bei denen vorübergehend Schutzeinrichtungen geöffnet sein müssen. Für die Realisierung dieser Betriebsart wird in der Regel ein zusätzliches handbetätigtes Befehlsgerät verwendet, das mit einer Zustimmungseinrichtung (Zustimmungsschalter) und einem oder mehreren Tipptastern (Befehlseinrichtungen mit selbsttätiger Rückstellung) ausgestattet ist. Gleichwohl besteht bei dieser Betriebsart ein höheres Risiko, als wenn bei geschlossenen Schutzeinrichtungen gearbeitet wird. Ein hohes Risiko entsteht z. B. an den Kurbelwellen der Hubwerke, die sich in ganzen Umdrehungen kreisförmig oder aber in Kreisabschnitten hin- und herbewegen. Ein durch Pleuel verbundenes Werkzeug kann sich dabei in höchster Position vor, im oder hinter dem oberen Totpunkt des Kurbelwellenantriebs befinden und sich bei einem nicht sicheren Halt gegebenenfalls unkontrolliert bewegen. 3 3 4 + 5 +== Anforderungen an die Betriebsart „Tippbetrieb bei geöffneten Schutzeinrichtungen“ unabhängig von der Antriebsart == 6 + 7 +=== 8 +Allgemeine Anforderungen für den Tippbetrieb === 9 + 10 + 11 +Schutzeinrichtungen, die für den Tippbetrieb nicht geöffnet werden müssen, müssen aktiv bleiben. Gefahrbringende Bewegungen von Bauteilen, die für die Arbeitsaufgabe nicht erreicht bzw. beobachtet werden müssen, müssen durch zusätzliche lokale Schutzeinrichtungen gesichert sein, z. B. müssen Kettentriebe und Zahnräder abgedeckt sein. Maßnahmen zur Befreiung von Personen müssen auch in der Betriebsart „Tippbetrieb bei geöffneten Schutzeinrichtungen“ vorhanden und wirksam sein. 12 +Die durch den Tippbetrieb ausgelösten Bewegungen müssen für die Bedienperson logisch und vorhersehbar sein, um die Gefährdung besser einschätzen zu können. Dazu gehört z. B. auch, dass die Anordnung der Betätiger für die Tippfunktion mit der Bewegungsrichtung des Hubwerks übereinstimmt. 13 + 14 + 15 +=== Auswahl der Betriebsart Tippbetrieb === 16 + 17 + 18 +Die Wahl der Betriebsart „Tippbetrieb bei geöffneten Schutzeinrichtungen“ muss durch einen Betriebsartenwahlschalter erfolgen, der nur mit Schlüssel oder Passwort oder Benutzer-Chip betätigt werden kann, um die Beschränkung auf einen hierfür qualifizierten Personenkreis zu gewährleisten. Mechanische Betriebsartenwahlschalter müssen in allen Stellungen abschließbar gestaltet sein. Der Schlüssel muss sich in allen Positionen abziehen lassen. 19 + 20 + 21 +=== Einbindung des Tippbetriebs in die Steuerung 22 + === 23 + 24 +Der Automatikbetrieb muss während der Betriebsart „Tippbetrieb bei geöffneten Schutzeinrichtungen verhindert sein. Das Umschalten der Betriebsart darf nicht zu einer Gefährdung führen, z. B. durch unerwarteten 25 +Anlauf der Maschine. Die Umschaltung der Betriebsart darf in der unsicheren Steuerung erfolgen, solange die verriegelten trennenden Schutzeinrichtungen geschlossen sind (und damit die Gefahrstellen nicht erreicht werden 26 +können) und der Zustand der Schutzeinrichtungen durch eine Sicherheitsfunktion überwacht wird. Tipp-Bedienelemente dürfen nur aktiv sein, wenn die Betriebsart „Tippbetrieb bei geöffneten Schutzeinrichtungen“ ausgewählt ist. Gefährliche Bewegungen dürfen im Tippbetrieb erst nach Betätigen des Zustimmungstasters möglich sein. Diese Sicherheitsfunktion muss auf Grund der möglichen Verletzungsschwere sowie der räumlichen Nähe zur Gefahrstelle und mangelnden Möglichkeit zur Vermeidung des Schadens in Performance Level PL=d (nach EN ISO 13849-1 ausgeführt sein. Zusätzlich müssen Betätiger für die Tipp-Funktion(en) vorhanden sein. Die Funktion der Betätiger braucht nicht sicherheitsgerichtet verarbeitet zu werden. Ein Ausfall oder Abschalten der Energie während des Tippbetriebs soll zu keiner Gefährdung führen. 27 + 28 + 29 +== Ortsbindung der Person während des Tippbetriebs 30 + == 31 + 32 +Die Zustimmungseinrichtung muss so gestaltet sein, dass die Bedienperson während des Tippbetriebs alle ungesicherten Gefahrstellen einsehen kann, z. B. indem sie gezwungen ist, sich während des Tippbetriebs in dem Bereich der Öffnung der Schutzeinrichtung aufzuhalten, die für diese Tätigkeit geöffnet ist. Die Betätigungseinrichtungen müssen so gestaltet sein, dass Zustimmungseinrichtung und Betätiger für die Tippfunktion von einer Person zu bedienen sind. 33 +Diese Ortsbindung kann gewährleistet werden, indem die Bedienelemente am Maschinenrahmen fest angebracht werden. Bei beweglichen Betätigungseinrichtungen wird die Ortsbindung z. B. gewährleistet durch: 34 +● Einsatz von RFID zur Erkennung der Position der Betätigungseinrichtung oder 35 +● Einsatz von Kurzstreckenfunk zur Erkennung der Position der Betätigungseinrichtung bei funkbasierter Betätigungseinrichtung oder 36 +● Begrenzung der Kabellänge (bei einer kabelgebundenen Betätigungseinrichtung). 37 + 38 + 39 +=== Ortsbindung der Hände während des Tippbetriebs 40 + === 41 + 42 +Bei der Gestaltung der Ortsbindung wird davon ausgegangen, dass es im Rahmen der Störungsanalyse kein vernünftigerweise vorhersehbares Verhalten ist, dass die Betätigungseinrichtung in den Gefahrbereich eingebracht und gleichzeitig bedient wird. 43 +Die Ortsbindung der Hand an der Betätigungseinrichtung ist in der Regel ausreichend, wenn risikoreduzierende Maßnahmen, wie z. B. Langsamlauf/Schrittschaltung, umgesetzt sind. Können diese risikoreduzierenden Maßnahmen nicht angewandt werden, ist auch die Bindung der zweiten Hand erforderlich. Dies gilt insbesondere dann, wenn die maximale Nachlaufzeit der ausgeführten Bewegung der Hubwerke mehr als 0,2 s beträgt oder die Maximalgeschwindigkeit der ausgeführten Bewegung des am schnellsten bewegten Teils der Hubwerke (z. B. Bahngeschwindigkeit der Kurbel) größer als 250 mm/s ist. 44 +Falls eine Bindung der zweiten Hand erforderlich ist, muss grundsätzlich eine Zweihandschaltung nach DIN EN ISO 13851:2019 [6] verwendet werden. Alternativ kann eine Zweihandbindung auch dadurch erzeugt werden, dass eine Hand durch einen 3-Stufen-Zustimmungstaster und die andere Hand durch einen fest installierten 2-Stufen-Zustimmungstaster gebunden ist. Zur Vermeidung der Betätigung mit nur einer Hand müssen beide Taster so angeordnet sein, dass eine gleichzeitige Betätigung nicht ohne die Verwendung beider Hände möglich ist (z. B. räumlich getrennte Anordnung). 45 +In diesem Fall sind zur Verhinderung der dauerhaften Betätigung des zweiten Zustimmungstastersalle folgenden Anforderungen zu erfüllen: 46 +● Das Einleiten eines neuen Startbefehls ist nur nach Lösen beider Taster und erneuter Betätigung möglich und 47 +● beide Taster sind flankenüberwacht und 48 +● die Dauer eines Tippzyklus ist auf eine angemessene Zeit begrenzt, z. B. auf 30 s. 49 +